Olav Gutting MdB: Ankauf der Steuer-CDs ist richtig

Rede im Deutschen Bundestag (3. März 2010) zur Praxis beim Kauf von Steuer-CDs / Aktuelle Stunde auf Verlangen der SPD-Fraktion "Notwendigkeit einer einheitlichen Praxis beim Kauf von Steuer CDs"




Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle­gen! Die Steuerverwaltungshoheit wird in Bezug auf die Gemeinschaftssteuern im Auftrag des Bundes von den Länderfinanzbehörden wahrgenommen. Der Ankauf der Steuerdaten ist somit ebenso wie die Strafverfolgung von Steuersündern eigentlich Sache der Länder, und da­mit könnten wir die Diskussion heute beenden. Aber es wäre schwerlich nachzuvollziehen, wenn an­gebotene Daten in einem Bundesland zur Strafverfol­gung führten, in anderen Ländern aber nicht. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­NEN]: Eben! Sie sagen es!)

Deshalb muss der Bund mit dem Bundeszentralamt im Rahmen der Möglichkeiten darauf hinwirken, dass es hier zu einem einheitlichen Vorgehen kommt. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­NEN]: Sagen wir doch!) Das ist zweckmäßig, es ist aus Gerechtigkeitsgründen geboten, und deswegen wird es auch so gemacht. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord­neten der FDP)

Deswegen ist die Aktuelle Stunde heute schlicht unnö­tig; das ist Kasperletheater der Opposition. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­NEN]: Der Ministerpräsident tut so, als ob wir eine eigene Rechtsordnung im Schwabenland hätten!) Im Prinzip gibt es zwei grundsätzliche Fragen zu klä­ren, zum einen die ethisch-moralische Fage und zum anderen die rechtliche Frage. Ethisch-moralisch halte ich den Ankauf der angebotenen Steuerdaten und die Ver­mittlung dieser Daten an verwertungswillige Landesbe­hörden für richtig.

Eine effiziente Strafverfolgung von Steuersündern ist im Interesse des Staates und damit der Allgemeinheit. Dieser Anspruch ist jedenfalls höher zu bewerten als ein zweifelhaftes Interesse von einzelnen Steuersündern am Datenschutz. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord­neten der SPD und der FDP) Wir als gesetzestreue Steuerzahler haben alle einen Anspruch darauf, dass der Staat Steuersünder zur Kasse bittet. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­NEN]: Das sollten Sie Ihrem Koalitionspartner näherbringen!)

Geschätzte 30 Milliarden Euro werden jedes Jahr am Finanzamt vorbeigeschleust. Nicht alles davon geht in die Schweiz, und beileibe ist nicht alles davon von den Großverdienern. Auch die Kleinen tragen ihren Teil zur Steuerhinterziehung bei, auch wenn es nur im Zusam­menhang mit der Pendlerpauschale die Kilometerangabe in der Steuererklärung ist, wenn einige Kilometer mehr angesetzt werden. Dazu gehört auch die Erschleichung von Sozialleistungen. Dieses Geld fehlt uns allen für die Bildung, für die Infrastruktur, für den Verkehr und für die innere Sicherheit. Deswegen können wir bei solchen Straftaten nicht tatenlos zusehen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das Zweite ist die rechtliche Seite. Es ist festzuhalten, dass die angekauften Informationen keine Hehlerware sind. (Zuruf von der SPD: Ja!) Daten kann man im Gegensatz zu Sachen nach dem deutschen Strafgesetzbuch nicht stehlen. Damit gibt es auch den Tatbestand der Datenhehlerei schlicht nicht. (Joachim Poß [SPD]: Die hessische CDU weiß das immer noch nicht!)

Eine Beteiligung des Staates in Form einer Beihilfe oder Anstiftung ist ebenfalls ausgeschlossen. Wenn man sieht, dass die im Ausland möglicherweise begangenen Taten in Form eines Geheimnisverrats oder eines Aus­spähens von Daten schon abgeschlossen sind, dann ist klar, dass es keine Beihilfe oder Anstiftung von deut­scher Seite geben kann. Auch was die Datenverwertung anbelangt, ist nach dem Ankauf der Liechtensteiner Daten im Jahr 2007 im Prinzip schon einiges geklärt. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Richtig!)

Ein Beweisverwertungsverbot ist jedenfalls regelmäßig nicht zu erkennen. Allerdings bleibt beim Ankauf dieser Steuerdaten ein fader Geschmack zurück. Trotzdem ist der Ankauf rich­tig. Aber wir müssen uns auch die Frage stellen, wie man Steuerhinterziehung und Steuerverkürzung zurück­drängen und überhaupt vermeiden kann. Das ist doch der Königsweg: Wir brauchen ein einfacheres und gerechte­res Steuersystem sowie eine transparentere Haushalts- und Ausgabenpolitik, damit die Menschen in diesem Land wissen, warum und wofür sie ihre Steuern bezah­len. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Darüber hinaus müssen wir unser Bestreben fortset­zen, mit den betreffenden Steueroasen Abkommen zu schließen, damit wir Amtshilfe in Steuersachen von ih­nen bekommen. Da sind wir auf einem guten Weg; da haben wir gemeinsam gerade in den letzten zwei Jahren vieles erreicht. Ich will aber auch sagen, dass der Kampf gegen die Steueroasen noch lange nicht abgeschlossen ist. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­NEN]: Ihr Koalitionspartner verteidigt sie! Herr Lindner gestern im Fernsehen! „Es leben die Oasen“, hat er gesagt!) Aber wir sind in diesem Bereich vorangekommen und sind auf dem richtigen Weg. (Beifall bei der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Er scheint Kenntnis von den Oasen zu haben!)