"Hartz IV ist mehr als 359-Euro-Regelsatz"

MdB Olav Gutting legt Zahlen für Wahlkreis Bruchsal vor

Bruchsal/Schwetzingen. Zahlen für den Wahlkreis - "auch zur Versachlichung der Diskussion" hat der Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Bruchsal/Schwetzingen, Olav Gutting, jetzt vorlegt. Dass Hartz-IV-Empfänger künftig nur fünf Euro im Monat mehr zur Verfügung haben sollen, sorge mitunter für Unverständnis, räumt der Parlamentarier ein. Doch neben den üblichen Regelsätzen erhalten Langzeitarbeitslose noch zusätzliche staatliche Unterstützung, was in der derzeitigen Diskussion wenig beachtet werde. So werden auch Miete, Nebenkosten und Heizkosten bis zu einem bestimmten Betrag bezahlt.

Olav Gutting: "Hartz IV wurde jetzt erstmals nach der Lebenswirklichkeit nachvollziehbar berechnet." Obwohl nach der Berechnung des Statistischen Bundesamtes beispielsweise die Regelsätze für Kinder hätten sinken müssen, werde die bisherige Höhe beibehalten. "Das hat auch etwas mit Vertrauensschutz zu tun", so Gutting. Nach seiner Ansicht reichen die summierten staatlichen Leistungen aus, um ein menschenwürdiges Existenzminimum zu sichern. Hartz IV sei nicht dafür gedacht, dass man davon dauerhaft lebe. Die Menschen müssten in Arbeit gebracht werden.

Nach Ansicht des Abgeordneten werde oft außer Acht gelassen, dass die Staatsleistungen schließlich auch aus Steuergeldern finanziert werden. Gutting verweist in einer Berechnung der tatsächlichen staatlichen Transferleistungen, bezogen auf den Landkreis Karlsruhe, darauf, dass "Hartz IV mehr ist als die Erhöhung um fünf Euro."

Ein Alleinstehender erhält demnach monatlich neben dem Regelsatz von aktuell 359 Euro für eine bis zu 45 Quadratmeter große Wohnung (Miete, Nebenkosten und Heizung) in der Region I mit Kraichtal, Oberhausen-Rheinhausen, Östringen, Forst, Hambrücken, Karlsdorf-Neuthardt, Kronau, Ubstadt-Weiher und Waghäusel 230 Euro, in der Region II mit Bad Schönborn, Bruchsal, Graben-Neudorf und Philippsburg 266 Euro. Das macht zusammen 589 bzw. 625 Euro netto. Zwei zusammenlebende Erwachsene ohne Kinder erhalten nach dieser Berechnung, je nach Region im Landkreis, bis zu 306 Euro beziehungsweise bis zu 354 Euro für eine bis zu 60 Quadratmeter große Wohnung. Zusammen mit den (für Paare reduzierten) Regelsätzen entspricht dies einem Nettolohn von zwischen 952 und 1000 Euro.

Eine Familie mit einem minderjährigen Kind bekommt, je nach Alter des Kindes, in einer bis zu 75 Quadratmetern großen Wohnung insgesamt (Regelsätze plus Wohnungskosten) zwischen 1316 und 1346 Euro bzw. zwischen 1346 und 1376 Euro netto: je nach Region. Eine Familie mit zwei Kindern unter 18 Jahren erhält in einer bis zu 90 Quadratmeter großen Wohnung zwischen 1679 Euro und 1751 Euro. Für eine Familie mit drei minderjährigen Kindern summieren sich die staatlichen Leistungen auf bis zu 2106 Euro. "Hinzu kommen noch die Möglichkeiten, etwas hinzuverdienen zu können", ergänzt Olav Gutting.

Auch verweist er auf Sonderreglungen: Erlass der GEZ-Gebühren, Gebührenbefreiung bei Kindergärten, Vergünstigungen beim Öffentlichen Personennahverkehr, Zuschüsse für Bewerbungen, Ermäßigung bei Telefongebühren, Gleichstellung in der Krankenversicherung, Zusatzleistungen für Schulbesuch.

Als Fazit stellte der Unionspolitiker fest, dass nach der in Deutschland geltenden sozialen Absicherung nicht davon gesprochen werden könne, dass Hartz IV "Armut per Gesetz" sei. "Hartz IV ist Hilfe für Arbeitslose in Not, die von vielen finanziert wird, die auch nicht auf Rosen gebettet sind." Ein Familienvater müsse hart arbeiten, um seiner Familie ein vergleichbares Monatseinkommen von knapp 2000 Euro netto zu sichern.