Rede von Olav Gutting MdB im Bundestag zum Steuerabkommen mit der Schweiz

201. Sitzung vom 25.10.2012 - Zweite und dritte Beratung Bundesregierung - Abkommen vom 21. September 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt in der Fassung vom 5. April 2012 (Drucksache 17/10059, 17/11093, 17/11096)

Aus dem Plenarprotokoll: Olav Gutting (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wir stimmen heute über den Gesetzentwurf zum Deutsch-Schweizer Abkommen über die Zusammenarbeit im Bereich Steuern ab. In den Beratungen wurde immer wieder der Vorwurf erhoben, dieses Abkommen sei ungerecht; vor allem seien die Steuersätze zu gering. Allerdings ist diese Behauptung bei nüchterner Betrachtung nicht haltbar. Die Steuersätze liegen im Bereich zwischen 21 und 41 Prozent. Diese beziehen sich wohlgemerkt auf das Kapitalvermögen, also nicht auf die Erträge, sondern auf die Substanz, und zwar auch dann, wenn die Steueransprüche eigentlich bereits verjährt wären. Natürlich kann man sich bei einem solchen Abkommen immer wieder Einzelfälle in der Theorie denken, bei denen man auf individuelle Steuersätze kommt, die in der Tat nicht ganz befriedigen können. Man muss aber immer bedenken: Wir haben es hier mit einem Abkommen zu tun, das nicht im luftleeren Raum entstanden ist, sondern zwischen zwei souveränen Staaten ausgehandelt wurde. (Michaela Noll (CDU/CSU): Genau!) Wie immer bei Verhandlungen zwischen gleich starken Partnern gibt es nicht nur Weiß und Schwarz, sondern Kompromisse. Kompromisse bedeuten eben auch Grautöne. Es ist eben nicht so, dass wir uns in der Regierungskoalition das einfach nur ausgedacht und aufgeschrieben haben, sondern das, was heute vorliegt, ist das Ergebnis von langwierigen, zähen, am Ende aber erfolgreichen Verhandlungen mit der Schweiz. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Wir werden jetzt gleich in der weiteren Debatte erleben, wie die Opposition über dieses Abkommen herzieht. In dieser Diskussion muss man deshalb schon auch einmal erwähnen, dass die rot-grüne Bundesregierung, als sie noch in Amt und Würden war, ein Steueramnestiegesetz vorgelegt hat, mit dem den Steuersündern weltweit ein Discountsteuersatz von 15 Prozent und Straffreiheit angeboten wurde. Wir sprechen heute über ein Abkommen mit Steuersätzen, die fast dreimal so hoch liegen wie der von Ihnen mit 15 Prozent gesetzte Standard. Hier muss man sich schon einmal überlegen, ob man sich an der einen oder anderen Stelle vielleicht ein bisschen zurücknehmen sollte. Wie immer in der Politik muss man sich, wenn man Kompromisse eingehen muss, die Frage stellen: Wie ist die Situation jetzt und heute, und wie ist sie mit diesem Abkommen in der Zukunft? (Dr. Birgit Reinemund (FDP): Viel besser!)

Die Situation jetzt ist die: Die Besteuerung von deutschem Vermögen in der Schweiz erfolgt nur auf freiwilliger Basis oder eben aufgrund von Zufallserkenntnissen im Zusammenhang mit den Ankäufen von Steuer-CDs. Ich glaube, damit werden wir dem Gleichheitsgrundsatz nicht gerecht. Ich denke, wir sind uns in diesem Hause zumindest diesbezüglich einig, dass das nicht dem Grundsatz gleicher Besteuerung entspricht. Dass das Modell der CD-Ankäufe auch in Zukunft nicht funktioniert, sollte eigentlich bei allen hier Konsens sein. (Manfred Zöllmer (SPD): Die haben richtig Kohle hereingebracht!) Diese CD-Ankäufe können kein Zukunftsmodell sein. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Nun zum Vergleich mit der Situation in der Zukunft: Mit diesem Steuerabkommen ist zukünftig sichergestellt, dass die Besteuerung erstmals überhaupt in einer gleichmäßigen Weise durchgeführt wird. (Ingrid Arndt-Brauer (SPD): Ja, aber in einer schlechten!) Die Steuer auf die Geldanlagen in der Schweiz bildet in Zukunft genau das ab, was auch in Deutschland durchgeführt wird, nämlich die anonyme Quellenbesteuerung. Genau das Gleiche, was wir in Deutschland haben, werden wir zukünftig auch in der Schweiz haben. Diese anonyme Quellenbesteuerung wurde im Übrigen von einem Finanzminister der SPD, Ihrem heutigen Kanzlerkandidaten, eingeführt. Es tut mir leid: Ich kann nicht erkennen, dass das, was in Deutschland rechtmäßig ist, in der Schweiz unrechtmäßig sein soll. Zu der Höhe der Einnahmen. Nun, was die Höhe der Einnahmen aus diesem Abkommen anbelangt, da besteht zugegebenermaßen ein gewisses Maß an Unsicherheit. Wenn wir die exakte Summe dessen kennen würden, was in der Schweiz an unversteuerten Vermögen liegt, dann brauchten wir dieses Abkommen nicht. Wir wissen es nicht. Trotzdem halte ich es für plausibel, für nachvollziehbar und realistisch, dass wir mit Einnahmen von circa 10 Milliarden Euro für die Nachversteuerung rechnen können und danach dann jährlich mit einem Aufkommen in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrages; (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Milchmädchenrechnung!) das ist Geld, das unsere Kommunen und die Länder dringend brauchen. Ich weiß wirklich nicht, wie Sie von der Opposition sich das vorstellen. Was sind denn die Alternativen zu diesem Abkommen? (Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Abkommen mit automatischem Informationsaustausch!)

Ist es denn etwa gerecht, dass wir es mit dem Ankauf von CDs vom Zufall abhängig machen, ob eine Besteuerung von Vermögensanlagen in der Schweiz stattfindet oder nicht? Ich glaube das nicht. Bei denjenigen, die unehrlich sind und die nicht durch Zufall erwischt werden, verjähren nämlich zwischenzeitlich die Steueransprüche munter weiter, Jahr für Jahr. Mit jedem Jahr, in dem dieses Steuerabkommen von Ihnen aus parteitaktischen Gründen blockiert wird, verliert der deutsche Staat, verlieren die deutschen Bürgerinnen und Bürger Steueransprüche im Milliardenbereich. (Dr. Birgit Reinemund (FDP): Ja, das stimmt!) Wenn Sie weiter im Bundesrat blockieren, wie Sie das schon angekündigt haben, dann werden Sie auf absehbare Zeit gar nichts haben. (Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt nicht!)

Wer die Stimmung in der Schweiz aufmerksam verfolgt hat, dem dürfte nicht entgangen sein, dass es keine neuen Verhandlungen geben wird. Die Schweiz wird sich eben nichts diktieren lassen. Ihre Ministerpräsidenten Beck und Kretschmann waren erst vor kurzem in der Schweiz. Seit sie dort waren und die Lage sondiert haben, ist es um sie relativ still geworden. Ich kann Ihnen abschließend nur raten: Erkennen Sie an, dass wir heute mit diesem Abkommen einen Zwischenschritt erreicht haben. Das ist nicht das Abkommen für alle Zeiten, sondern das ist die Basis für weitere Verhandlungen, die wir heute abschließen können. (Ingrid Arndt-Brauer (SPD): Quatsch!)

Erlauben Sie mir noch eine Empfehlung zum Abschluss an Sie in der Opposition. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege. Olav Gutting (CDU/CSU): Ich möchte Ihnen raten: Klettern Sie nicht allzu hoch auf die Bäume; denn Sie werden bei diesem Abkommen ziemlich bald wieder heruntersteigen müssen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP -Volker Kauder (CDU/CSU): Die werden nicht heruntersteigen, die fallen runter!)

 

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