Newsletter Fraktion direkt (15.11.2024)
Liebe Leserinnen, liebe Leser, nun geht es doch schneller, als der Kanzler sich das in seinem Wolkenkuckucksheim ausgemalt hatte. Der Bundestag wird, wenn alles glatt läuft, am 23. Februar 2025 neu gewählt. Die Unionsfraktion hätte sich auch ein früheres Datum vorstellen können, aber sei’s drum. Immerhin haben sich die Fraktionschefs der Restampel und der Union geräuschlos auf den Februartermin geeinigt. Alles andere wäre den Wählerinnen und Wählern auch nicht zu vermitteln gewesen. In außenpolitisch und wirtschaftlich schwierigen Zeiten kann Deutschland sich keinen ausgedehnten Stillstand leisten. Dass die CDU/CSU-Fraktion sich in der Übergangszeit konstruktiv verhält, versteht sich von selbst. Für die Erledigung dringender Aufgaben zum Wohle des Landes geben die Abgeordneten gerne ihre Stimme, zum Beispiel zur Verlängerung eines Gesetzes, das den Ermittlungsbehörden die Telefonüberwachung bei Wohnungseinbrüchen erlaubt. Auch Vorhaben, an denen die Union ohnehin mitgearbeitet hat, wie die Änderung des Grundgesetzes zur Stärkung des Bundesverfassungsgerichts, wird sie mit beschließen. Viel mehr aber kann man von ihr nicht verlangen. Die Weichen für eine neue Politik muss die nächste Regierung stellen. Ob die Wählerinnen und Wähler der Union das zutrauen, müssen sie an der Urne entscheiden. Die Fraktion hat jedenfalls eine Menge Pläne, die sie gerne umsetzen würde – einer davon ist die Neue Energie-Agenda, die sie in dieser Woche beschlossen hat. Womit sich der Bundestag in dieser Sitzungswoche darüber hinaus beschäftigte, lesen Sie in diesem Newsletter.
Nach Ampel-Aus: Merz fordert fundamental andere Politik
Nach dem Scheitern der Ampel hat CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz eine fundamental andere Politik für Deutschland gefordert. Es brauche eine neue Bundesregierung, „die ihrer nationalen, ihrer europäischen und ihrer internationalen Verantwortung gerecht wird“, sagte Merz im Bundestag. Dem Bundeskanzler warf er vor, mit seiner Politik das Land zu spalten. Auch der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder betonte: „Keine Regierung in der Geschichte der Bundesrepublik hat dieses Land tiefer gespalten als diese Ampel.“ Der Vorsitzende der Unionsfraktion antwortete Kanzler Olaf Scholz auf seine Regierungserklärung. Darin erhob Scholz den Anspruch, bis zur vorgezogenen Neuwahl im Februar noch politische Entscheidungen auf den Weg zu bringen. Merz nannte diesen Anspruch inakzeptabel. „Sie simulieren eine Mehrheit, die Sie nicht mehr haben“, rief er Scholz zu. „Sie leben in Ihrem eigenen Kosmos.“ Söder warf dem Bundeskanzler ebenfalls einen „totalen Realitätsverlust“ vor.
Neuwahlen: Merz hält Februar-Termin für vertretbar
Die vorgezogene Neuwahl des Deutschen Bundestages findet voraussichtlich am 23. Februar 2025 statt. Darauf einigten sich nach Auskunft von Unionsfraktionschef Friedrich Merz die Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Grüne und FDP. Merz sagte: „Ich halte das für vertretbar.“ Voraussetzung ist, dass der Kanzler am 16. Dezember die Vertrauensfrage im Bundestag stellt und dass der Bundespräsident dem Ablauf zustimmt. Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende bekräftigte: „Ich hätte mir vorstellen können, dass das Ganze früher stattfindet.“ Mit dem Termin im Februar verliere man rund einen Monat bis zur Neuwahl und zur Regierungsbildung. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nannte als oberstes Ziel stabile Mehrheiten im Parlament und eine handlungsfähige Regierung: „Die gilt es möglichst schnell herbeizuführen.“ Eine Neuwahl erst im März wäre auch von der Bevölkerung als „politische Insolvenzverschleppung“ gewertet worden.
Gescheiterte Ampel: Der Weg zu Neuwahlen
Nach nur drei Jahren Regierung ist die Ampel Geschichte. In den vergangenen Monaten zerstritten sich SPD, Grünen und FDP hoffnungslos, vor allem über die Wirtschaftspolitik und den Haushalt. Am Mittwoch, dem 6. November 2024, schließlich platzte die Koalition. Die FDP schied aus der Regierung aus. Die „Fußgänger“-Ampel aus SPD und Grünen verfügt seitdem nicht mehr über eine Mehrheit im Bundestag. Deshalb wird der Bundestag neu gewählt – voraussichtlich am 23. Februar 2025, wenn der Bundeskanzler am 16. Dezember die Vertrauensfrage stellt. Das Grundgesetz schreibt vor, wie das Verfahren abläuft. Die Einzelheiten erklären wir hier in Fragen und Antworten.
„Zivilschutz muss Teil der Zeitenwende werden“
Die Sicherheitsdividende, die Deutschland nach dem Ende des Kalten Krieges eingefahren hat, ist aufgebraucht. Während die Bemühungen um eine Ertüchtigung der Bundeswehr bereits angelaufen sind, führt der Zivilschutz ein Schattendasein. Mit einem Kongress über die dringend benötigte Reform der Sicherheitspolitik hat die CDU/CSU-Fraktion das Thema in den Fokus gerückt. Fraktionschef Friedrich Merz forderte, der Zivilschutz müsse Teil der Zeitenwende werden, die nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine 2022 eingeläutet wurde. Seit dem Fall der Mauer 1989 wurden in Deutschland Bunker geschlossen, Sirenen abgebaut und Schutzpläne eingemottet. „So kann der Zustand in Deutschland nicht bleiben“, bemängelte Merz. „Wir brauchen ein starkes öffentliches Bewusstsein für alle Aspekte der Verteidigung: im militärischen und im zivilen Bereich.“ Er verwies auf die skandinavischen Länder, wo der Zivilschutz selbstverständlich Teil der Daseinsfürsorge sei. Der Unionskongress diente auch dazu, von anderen Ländern zu lernen.
Außerdem …
… hinterlässt die Ampel in der Wirtschaft einen Scherbenhaufen. So prognostizieren die Wirtschaftsweisen für das kommende Jahr ein mageres Wachstum von 0,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Julia Klöckner, fordert strukturelle Reformen, um eine Wirtschaftswende einzuleiten. Eine neue Regierung müsse ein Sofortprogramm verabschieden, das den Unternehmen Zuversicht und Planungssicherheit gebe, sagt sie. Zu den erforderlichen Maßnahmen zählten Anpassungen bei den Steuern und ein Abbau der Bürokratie.
… ist die Union äußerst besorgt über die negativen Auswirkungen der Cannabis-Legalisierung auf die innere Sicherheit. Die Teillegalisierung sei ein Konjunkturprogramm für kriminelle Banden und den Schwarzmarkt, kritisierte der gesundheitspolitische Sprecher Tino Sorge im Bundestag. Diese Banden agierten immer brutaler, um sich Marktanteile zu sichern und Revierkämpfe auszutragen. Polizeikontrollen indes liefen ins Leere, da die erlaubten Mengen für den Eigenbedarf so großzügig bemessen seien, dass sich Dealer immer darauf berufen könnten.
… hat die CDU/CSU-Fraktion kein Verständnis dafür, dass Abgeordnete der gescheiterten Ampel auf den letzten Metern der Wahlperiode noch einen Gruppenantrag zur Änderung des Paragrafen 218 in den Bundestag eingebracht haben. Ein so hoch emotionales Thema wie das Abtreibungsrecht ohne eine angemessene Beratungszeit durch das Parlament peitschen zu wollen, sei verantwortungslos, kritisierte die familienpolitische Sprecherin Silvia Breher. Es gebe auch keine Notwendigkeit für die vorgeschlagenen rechtlichen Änderungen. Der rechtspolitische Sprecher Günter Krings warf der Ampel vor, den Schutz des Lebens und der Menschenwürde ungeborener Kinder zu vernachlässigen.
… will die Unionsfraktion mit einer neuen Energie-Agenda Deutschland als Industrieland stärken und bis 2045 klimaneutral machen. Wie das geht, hat die Fraktion in einem Positionspapier aufgeschrieben. Grundvoraussetzung für die Energiewende ist aus ihrer Sicht die Versorgungssicherheit mit bezahlbarer und sauberer Energie. Sie setzt auf technologische Innovationen und marktwirtschaftliche Mechanismen wie die CO2-Bepreisung und den Handel mit Verschmutzungszertifikaten.
… hat die Union einem Gesetz zugestimmt, das unter anderem die Ermittlungsbefugnisse der Sicherheitsbehörden stärkt. Somit bleibt die Telekommunikationsüberwachung bei Wohnungseinbruchdiebstahl, die im Dezember ausgelaufen wäre, erlaubt bis 2029. Der rechtspolitische Sprecher Günter Krings erklärte, die Maßnahme habe sich bei der Bekämpfung schwerer Kriminalität bewährt. Es gebe hohe Ermittlungserfolge. Allerdings fordert Krings eine Entfristung des Gesetzes. Eine Evaluierung in fünf Jahren beschere den Strafermittlern nur unnötige Arbeit.