Rede von Olav Gutting MdB: "Urteil des Bundesfinanzhofs bestätigt unsere Position"

Aktuelle Stunde auf Verlangen der FDP-Fraktion mit dem Thema „Urteil des Bundesfinanzhofs ernst nehmen – Doppelbesteuerung von Renten verhindern“ am 10.06.2021 / Auszug aus der Rede von Olav Gutting MdB (CDU/CSU) im Plenum des Deutschen Bundestages



"Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum wiederholten Male in dieser Legislaturperiode sprechen wir über das Thema „Doppelbesteuerung von Renten“. Der Titel dieser Aktuellen Stunde lautet: „Urteil des Bundesfinanzhofs ernst nehmen – Doppelbesteuerung von Renten verhindern“. Beides – also das Urteil ernst nehmen und Doppelbesteuerung verhindern – ist für uns eine Selbstverständlichkeit.

Wir erleben daher heute im Wesentlichen einen Aufguss von mehreren Anträgen, die in den letzten Monaten gestellt wurden. Vor knapp drei Monaten haben wir einen Antrag der FDP zu diesem Thema hier ausführlich debattiert. Was ist inzwischen passiert? Es gab zwei Klagen gegen die vermeintliche Doppelbesteuerung vor dem Bundesfinanzhof, die beide im Mai abgewiesen wurden. Der BFH hat damit bestätigt, dass aktuell keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung bestehen. Damit bestätigt der BFH zunächst unsere Position. Es gibt also überhaupt keinen Grund, Rentnerinnen und Rentner zu verunsichern, Ängste zu schüren oder Begehrlichkeiten zu wecken.

Ich meine – das müssen wir noch mal betonen –, jeder effekthascherische Umgang mit diesem wichtigen, generationenübergreifenden Thema ist völlig fehl am Platz und schlicht unseriös.

Was hat der Bundesfinanzhof mit nüchternen Worten festgestellt? Sowohl der mit dem Alterseinkünftegesetz eingeleitete Systemwechsel zur nachgelagerten Besteuerung von Altersbezügen als auch die gesetzlichen Übergangsregelungen sind im Grundsatz zunächst mal verfassungskonform. Er hat klargestellt, dass es auch im Einzelfall derzeit nicht zu einer doppelten Besteuerung von Renten kommt und kommen darf. Das war und ist selbstverständlich auch unsere Position: Es darf keine Doppelbesteuerung geben! Damit hält der BFH an seiner bisherigen, vom Bundesverfassungsgericht auch schon bestätigten Auffassung fest. Es ist auch nichts Neues. Neu ist aber, dass der X. Senat des Bundesfinanzhofs jetzt erstmalig konkrete Berechnungsparameter für die Ermittlung einer etwaigen doppelten Besteuerung von Renten in Zukunft festgelegt hat. Betroffen von einer Doppelbesteuerung könnten spätere Rentenjahrgänge sein, deren Altersvorsorgeaufwendungen in der Erwerbsphase nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Hier gibt es für die Zukunft natürlich Nachbesserungsbedarf.

Grundfreibetrag, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, Werbungskosten und Sonderausgabenpauschbeträge müssen beim steuerfreien Rentenbezug unberücksichtigt bleiben, so der BFH. Diese Beträge sind überwiegend verfassungsrechtlich geboten und für den Gesetzgeber nicht disponibel. Sie dürfen deswegen nicht noch mal herangezogen werden, um eine zukünftige doppelte Besteuerung von Renten rechnerisch zu vermeiden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit den Vorgaben des BFH und einer entsprechenden Nachjustierung bei der Berechnung der Steuerbelastung werden wir erreichen, dass bestehende Unsicherheiten künftiger Rentnerinnen und Rentner schwinden und dass das Verständnis für die nachgelagerte Besteuerung von Rentenbezügen wächst. Das sollte doch das gemeinsame Ziel von uns allen hier im Bundestag sein; denn die nachgelagerte Besteuerung ist für die Bürgerinnen und Bürger in der Regel von Vorteil – das haben wir hier schon mehrfach gehört –: Das Einkommen ist im Rentenalter regelmäßig geringer als im aktiven Erwerbsleben, sodass die Rentenzahlungen aufgrund der Steuerprogression mit einem niedrigeren Steuersatz belastet werden. – Das ist richtig, und das ist gut. Deswegen sollten wir nicht immer den Eindruck erwecken, dass die gesamte nachgelagerte Besteuerung schlecht ist. Sie ist richtig und gut.

Im Rahmen einer anstehenden Einkommensteuerreform müssen und werden wir die Vorsorgeaufwendungen vollständig abziehbar machen und selbstverständlich noch einige weitere Stellschrauben bewegen. Für uns in der Union ist jedenfalls klar: Wir wollen das umsetzen, und mit uns wird es auch zukünftig keine Doppelbesteuerung geben. Wenn wir uns anstrengen und wenn Sie von der FDP sich anstrengen, dann schaffen wir das in der nächsten Legislaturperiode vielleicht sogar gemeinsam."