Rede im Plenum zum vierten Corona-Steuer­hilfe­gesetz

Video und Text der Rede von Olav Gutting MdB am 19. Mai 2022



Olav Gutting (CDU/CSU): "Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vor 40 Tagen haben wir hier das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz zum ersten Mal debattiert und besprochen, und schon da habe ich sehr deutlich gemacht, dass die Fortführung bewährter steuerlicher Maßnahmen in der Krisenzeit durchaus ein probates Mittel ist, um unkompliziert Hilfen für die Menschen, für die Unternehmen zur Verfügung zu stellen, die von der Coronakrise betroffen sind. Aber – und das ist entscheidend – mit den jetzt vorgesehenen minimalinvasiven Korrekturen an diesem Gesetz können Sie von der Ampel das von Ihnen gesteckte Ziel nicht erreichen; denn das gesteckte Ziel war ja, die wirtschaftlichen und sozialen Einschränkungen durch die Coronapandemie so gering wie möglich zu halten. Es reicht deswegen nicht, was hier vorliegt, weil es mittlerweile ja nicht mehr nur alleine um die Folgen der Coronakrise geht, sondern es geht ebenso um die wirtschaftlichen Konsequenzen des unsäglichen Angriffskrieges von Russland gegen die Ukraine, es geht um die rapide steigende Inflation, und die muss die Bundesregierung entschlossen bekämpfen, und das insbesondere deswegen, weil uns da das Gröbste noch bevorsteht.

Ja, Sie haben in der Tat schon mehrere Gesetzentwürfe vorgelegt – es geht hier ja nicht nur um dieses Gesetz –; aber all diese Gesetze, die hier in den letzten Wochen vorgelegt wurden, haben eins gemeinsam: Es sind zwar gute Ansätze enthalten, aber es wird überall zu kurz gesprungen. Da werden Maßnahmen des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes wie die Änderung von Verlustverrechnungsmöglichkeiten oder die degressiven Abschreibungen für bewegliche Wirtschaftsgüter und auch die steuerlichen Investitionsfristen verlängert.

Aber man muss sich doch fragen, ob diese Maßnahmen den Unternehmen in der Praxis tatsächlich entsprechend helfen. Vor allem mittelständische Unternehmen müssen doch erst mal in die Lage versetzt werden, verlustfrei zu wirtschaften und in die Zukunft zu investieren. Dazu brauchen wir stark verbesserte wirtschaftspolitische und steuerliche Rahmenbedingungen, um dafür jetzt in dieser Krisensituation endlich auch die Bedingungen zu schaffen. Das muss die Bundesregierung eben jetzt umsetzen und nicht erst in einigen Monaten oder Jahren. Jedenfalls reichen Ankündigungen und markige Sprüche hier nicht, sondern wir brauchen jetzt Taten. Nur dann wird wieder in die Zukunft investiert.

Deswegen, liebe Ampel: Stärken Sie die Eigenkapitalbasis der Betriebe! Passen Sie die Behandlung von Gewinnen, die zur Stärkung der Eigenkapitalbasis im Unternehmen einbehalten werden, der jetzigen Situation an! Die Thesaurierungsbegünstigung muss praktikabler werden; sie muss praxistauglicher und attraktiver gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen gemacht werden. In dieser Situation – das haben wir jetzt schon mehrfach hier gehört – muss auch der ertragsteuerliche Verlustrücktragszeitraum auf mindestens drei Jahre erhöht werden. Gerade jetzt, wo es um die Krisenjahre 2021/22 geht, da macht das doch keinen Sinn – Kollege Brehm hat es vorhin schon mal deutlich gemacht –; wir können doch nicht ein Coronaverlustjahr mit einem Coronaverlustjahr verrechnen.

Noch mal: Das macht ja nun überhaupt keinen Sinn. Deswegen muss das dauerhaft ausgeweitet werden, und wir haben das ja auch entsprechend beantragt. Was in diesem Gesetz eben auch fehlt, ist das Thema: Wie gehen wir damit um, dass die Betriebe, die in Russland und in der Ukraine investiert haben, jetzt von Sanktionen, Enteignungen, Zerstörungen betroffen sind? Die dortigen Beteiligungen deutscher Steuerpflichtiger müssen jetzt entsprechend berücksichtigt werden. Da brauchen wir temporär steuerliche Abschreibungen. Das muss in der aktuellen Situation in so ein Gesetz hier einfach mit aufgenommen werden. Sie haben in den Beratungen in den letzten 40 Tagen bei diesem Gesetzgebungsverfahren leider nur wenig bewegt.

Eine kleine Verbesserung, nämlich die Verlängerung der Steuererklärungspflichten, haben Sie hinbekommen. Das finden wir auch gut. Gelungen ist das durch den Druck der CDU/CSU-Fraktion, aber auch der Bundesländer und des Bundesrates. Ich sage ausdrücklich: Wir finden das richtig und gut. Meine grundsätzliche Unterstützung gilt im Übrigen auch allen Regelungen, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zugutekommen: die angesprochene Fristenverlängerung, die Förderung des steuerfreien Zuschusses beim Kurzarbeitergeld, die Verlängerung bei der Homeoffice-Pauschale. – Alles richtig, alles gut. Aber warum entfristen Sie es dann nicht? Warum immer nur eine kurzfristige Verlängerung? Eine Entfristung wäre hier besser. Es wäre das richtige Signal für die Arbeitnehmer und für die Unternehmen.

Auch bei den hier schon angesprochenen Bonuszahlungen können wir selbstverständlich den vorgenommenen Änderungen zustimmen. Ich glaube, es macht Sinn, dass wir die Leistungen der Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich hierdurch honorieren. Aber eins muss man auch noch mal unterstreichen: Das ist keine automatische Auszahlung, die hier vorgenommen wird. Es wird ja immer der Eindruck erweckt, als ob das schon sicher wäre. Es gehört auch hier noch der Arbeitgeber dazu, der das entsprechend auszahlen muss. Diesen Wunsch zur Eingrenzung kann ich auch verstehen. Wir wollen hier natürlich nicht mehr den gleichen Fehler machen wie bei dem Bonus aus der ersten Coronaregelung. Dass die Mitglieder des Bundesvorstandes der Grünen sich da bedienen können, soll natürlich nicht mehr vorkommen. Deswegen: Diese Einschränkung ist richtig.

Ich kann diesem Gesetzentwurf zustimmen – das hatten wir schon angekündigt –; aber ich werbe gleichzeitig auch um Zustimmung für unseren Antrag `Mut zu wesentlichen steuerlichen Hilfsmaßnahmen´. Dieser enthält richtige steuerpolitische Antworten."