Gutting und Hagel kündigen Lösungen in der Migrationspolitik an
Schwetzingen. Zu einem Redaktionsgespräch waren der CDU-Bundestagsabgeordnete Olav Gutting und der CDU-Landeschef und wahrscheinliche Ministerpräsidenten-Kandidat Manuel Hagel bei der Schwetzinger Zeitung in deren Räumlichkeiten am Schlossplatz zu Gast. Die SZ-Redaktion fragte nach Migration, der demokratischen Mitte und danach, wie die Wirtschaft wieder in Schwung kommen kann. Wir veröffentlichen an dieser Stelle auszugsweise die Antworten, die Olav Gutting im Interview gab.
Herr Gutting, wie haben Sie die Woche mit den beiden Abstimmungen in Sachen Migrationsgesetzgebung im Bundestag erlebt?
Gutting: Der Freitag war ein langer Tag. Neben der Sitzung des Bundestags gab es drei Fraktionssitzungen, immer wieder unterbrochen von Gesprächen der Spitze mit den anderen Fraktionsvorsitzenden, um vielleicht doch zu gemeinsamen Lösungen und Kompromissen in der Migrationsfrage zu kommen. Aber leider gab es einfach kein Zusammenkommen und auch diesmal war es wieder so, dass sich die ehemaligen Ampel-Koalitionäre wieder gegenseitig in die Haare bekommen haben, weil sie sich vorher ja mit eigenen Beschlüssen festgelegt hatten. Die SPD wollte von ihren Wahlkampfforderungen nicht runter und die Grünen hatten auf dem Parteitag noch weitreichende Beschlüsse in Sachen Familiennachzug gefasst. Aus wahltaktischen Gründen und parteipolitischem Kalkül war man nicht bereit, mit uns zu einem Kompromiss zu kommen. Wir haben es versucht bis zum Schluss. Dann war es am Ende nicht mehr anders möglich, als unseren Vorschlag zur Abstimmung zu stellen.
Aber anders als wenige Tage zuvor, gab es keine Mehrheit?
Gutting: Na gut, die FDP hat es ja komplett zerlegt. Es gab zwar nur zwei direkte Neinstimmen von dort, aber eine Reihe von Liberalen haben sich enthalten oder nicht abgestimmt. Auch aus der CDU gab es zwölf Abgeordnete, die nicht abgestimmt haben, nur einer von ihnen war schwer krank. Deshalb fehlte uns schließlich eine Mehrheit. Eine Mehrheit ist aber jetzt auch Kaffeesatzleserei. Entscheidend in dieser Woche war: Jeder weiß nun, wo er steht. Und das wissen jetzt auch die Wählerinnen und Wähler. Deswegen war es auch wichtig, diese Abstimmung durchzuziehen. Einfach um noch mal, um es deutlich zu machen: Die CDU will das Problem der irregulären und ungesteuerten Migration lösen. Rot und Grün haben schlicht und einfach kein Interesse daran. Das ist genau das, was wir schon im Vorfeld so gesagt haben. Die Woche war also aufregend und nervenaufreibend. Aber nach den Verhandlungen bis zur letzten Minute war keine Bereitschaft da, einen Kompromiss zu finden. Man will das Problem nicht lösen.
Aber wie soll es denn nach den Bundestagswahlen weitergehen, wenn man sich jetzt schon so in die Haare kriegt?
Gutting: Ein wichtiger Punkt. Wir stellen uns auch diese Frage auch, denn am Tag nach der Wahl müssen wir zusammenarbeiten. Alle appellieren an die traditionellen demokratischen Parteien. In der Fraktion hat man uns über die Gespräche mit den anderen Parteien berichtet, die sich gegenseitig beleidigt hätten.
Herr Gutting, nun kann ich mich erinnern, dass Sie auch nicht immer ein großer Fan gewesen sind von der Migrationspolitik der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sind Sie jetzt zufrieden?
Gutting: Ich habe diese Art der Migrationspolitik schon seit 2015 immer wieder kritisiert. Nich ich alleine, sondern auch viele andere in der CDU. Und es hat gedauert. Aber manchmal dauert eine Demokratie eben etwas länger. Umso zufriedener bin ich jetzt. Man kann Fehler machen, aber man muss sie dann halt auch korrigieren.
Bürokratie spielt auch bei den Kommunen eine große Rolle, wenn es um Zuschussanträge geht.
Gutting: Dieses Bürokratie-Moratorium und deren stückweise Rückbau trifft nicht nur die Wirtschaft, sondern vor allem die Verwaltung und auch das Ehrenamt. Die Vorsitzenden in den Vereinen können bald nicht mehr. Aber eines ist klar: Wenn die Wirtschaft in Deutschland weiter im Rückwärtsgang bleibt, dann kann auch die Finanzkraft der Kommunen nicht mehr wiederhergestellt werden. Deswegen müssen wir uns auf die Wirtschaftswende konzentrieren.
Und die europäischen Regelungen?
Gutting: Da ist ja die letzten drei Jahre nichts passiert von Deutschland aus. Wir sind ja die Industrienation und nicht eine politische Gruppe. Am Samstag hatte Friedrich Merz EVP-Kollegen nach Berlin eingeladen und genau diese Themen besprochen. Ich habe ihm noch das Thema Bürokratieabbau aus dem Wahlkampf gegeben – zum Beispiel bei grenzüberschreitenden Unternehmen im Elsass. Da müssen wir was tun. Wir haben die Chance. Wir haben in Europa mit 14 EVP-Chefs Regierungsverantwortung und mit Ursula von der Leyen die Chance, Regulierungen abzubauen. Wir brauchen halt international mal wieder mehr Gewicht. In den letzten Jahren wurde mit Frankreich gestritten und die Polen hat man beleidigt. Wir brauchen ein intaktes Weimarer Dreieck, um echte Europapolitik zu machen und dann auch selbstbewusst Donald Trump entgegentreten zu können. Wir müssen doch im deutschen Interesse die europäischen Interessen in der Welt vertreten. Aber da ist Friedrich Merz der Richtige mit seinen transatlantischen Erfahrungen, seiner Vernetzung in der amerikanischen Politik und in der amerikanischen Zivilgesellschaft. Wir müssen einen Handelskrieg mit China und mit den USA unter allen Umständen vermeiden. Unsere mittelständische Wirtschaft in Baden-Württemberg und Deutschland braucht den Freihandel wie die Luft zum Atmen. (Fotos: Matthias Busse)
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