Große Koalition bekennt sich zum Meisterbrief

Olav Gutting MdB informiert / Ziel der Bundesregierung ist ein starkes Handwerk

Olav Gutting MdB in seinem Berliner Abgeordnetenbüro

„Wir unterstützen die neue EU-Kommission darin, die Mobilität qualifizierter Fachkräfte innerhalb des Binnenmarkts sowie grenzüberschreitende Dienstleistungen zu stärken. Das wirkt sich positiv auf Wachstum und Beschäftigung aus. Schon im Koalitionsvertrag haben wir uns allerdings auch klar dafür ausgesprochen, dass der Deutsche Meisterbrief nicht durch Maßnahmen des europäischen Binnenmarktes beeinträchtigt wird und dass er erhalten bleibt. Dafür haben wir gute Gründe, die wir nunmehr mit einem Beschluss des Deutschen Bundestags untermauern werden“, so schrieb der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag Volker Kauder in seinem Bericht zum Beginn der Plenarwoche an seine Fraktionskollegen.

 

Gleich zu Beginn des Plenartages ging es also am heutigen Freitag um die Bedeutung des Handwerks für die deutsche Volkswirtschaft. In einem Antrag der Koalitionsfraktionen beschäftigten sich die Abgeordneten mit dem Deutschen Meisterbrief. Wie im Koalitionsvertrag festgeschrieben, ist ein starkes Handwerk Ziel der Bundesregierung. Hierfür will sie die europäische Diskussion über eine verstärkte Öffnung des Dienstleistungsbinnenmarktes konstruktiv begleiten, jedoch gleichzeitig unverändert darauf hinwirken, dass der Meisterbrief nicht durch Maßnahmen des europäischen Binnenmarktes beeinträchtigt wird und erhalten bleibt. Die Bundesregierung soll das System der zulassungspflichtigen Handwerksberufe stärken. In diesen Berufen müssen die Betriebe von Meistern geführt werden.

Die Zulassungspflicht sei auch ein zentrales Element einer präventiven Gefahrenabwehr zwecks Absicherung eines hohen Verbraucherschutzniveaus, schreiben die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD in diesem gemeinsamen Antrag. An die Adresse der Europäischen Kommission, die sich derzeit mit der Reglementierung des deutschen Arbeitsmarktes befasst, heißt es weiter, die Reglementierung von Berufen müsse „eine autonome Entscheidung der Mitgliedstaaten“ bleiben. Die Fraktionen heben hervor, dass das derzeitige System der zulassungspflichtigen Handwerksberufe „einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Mittelstands, zum Verbraucherschutz, zur Qualifizierung junger Menschen im Rahmen des Systems der dualen Ausbildung, zur Integration bildungsferner Schichten in den Arbeitsmarkt leistet“.

So präzisiert Volker Kauder in seinem Bericht: „Im Handwerk sind die Hälfte eines Ausbildungsjahrgangs Jugendliche mit Hauptschulabschluss. Knapp vier Prozent verfügen über keinen Schulabschluss, der Anteil derjenigen mit Migrationshintergrund ist überproportional hoch. Die handwerkliche Aus- und Fortbildung ermöglicht damit auch sozialen Aufstieg und trägt zu gesellschaftlicher Stabilität und Durchlässigkeit bei.“ Mit einer Million Betriebe und mehr als 5,3 Millionen Erwerbstätigen sei das deutsche Handwerk eine tragende Säule des Mittelstandes, schreiben die Fraktionen in ihrem Antrag und stellen fest: „Das Handwerk ist hoch innovativ, regional verankert und erschließt sich durch seine leistungsfähigen Betriebe auch erfolgreich Märkte auf europäischer und internationaler Ebene.“

In über 130 Gewerken würden Handwerksbetriebe rund 400.000 junge Menschen ausbilden. Die Ausbildungsquote sei damit doppelt so hoch wie in anderen Wirtschaftszweigen. Besonders stark ausbilden würden die Betriebe der 41 nach der Handwerksordnung reglementierten Berufe. Der Meisterbrief sei auch Garant für die hohe Ausbildungsqualität im Handwerk, schreiben die Fraktionen weiter.

Kritisch befassen sie sich mit den Folgen der Handwerksnovelle von 2004, durch die 53 bis dahin zulassungspflichtige Gewerke zulassungsfrei wurden. Die von der Deregulierung erwarteten positiven Effekte wie ein Wachstumsschub und mehr Beschäftigung seien weitgehend ausgeblieben. Zwar sei die Zahl der Existenzgründungen gestiegen, allerdings hätten die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten sowie die durchschnittliche Betriebsgröße deutlich abgenommen. Auch die Marktverweildauer von Betrieben im zulassungsfreien Handwerksbereich sei deutlich geringer als im zulassungspflichtigen Handwerk. Auch habe die Ausbildungsleistung stark nachgelassen. So sei die Zahl der in dem nicht mehr regulierten Fliesenlegerhandwerk abgelegten Gesellenprüfungen von 1.665 im Jahr 2003 auf 658 im Jahr 2010 zurückgegangen. Im gleichen Zeitraum sei die Zahl der Meisterprüfungen im Fliesenlegerhandwerk von 557 auf 84 gesunken.