"Cum-Ex-Geschäfte waren eine Schweinerei und nichts anderes"
Rede von Olav Gutting MdB am 7. November 2018 im Deutschen Bundestag / Aktuelle Stunde zu Cum-Ex-Gestaltungen
Olav Gutting (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Geschichte ist tatsächlich schon etwas älter. Deswegen konnte ich in alten Reden nachlesen. Schon 2015, im Januar und im September, habe ich zum Thema Dividendenstripping, auch als Cum/Ex-Trade bezeichnet, gesagt, dass es sich hier gar nicht um ein Steuergestaltungsmodell handelt, sondern nach meinem Dafürhalten schlicht um Betrug am Fiskus. Diese Unterscheidung ist wichtig. Ich glaube, in dieser Debatte heute wird zu viel vermischt. Das ist unlauter. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Man muss unterscheiden, und man darf nicht Steuergestaltung, Betrug und Kriminalität zusammen in einen Topf werfen, wie es hier geschieht. Das funktioniert so nicht . (Beifall bei der CDU/CSU)
Cum-Ex-Geschäfte waren eine Schweinerei und nichts anderes, und es ist gut, dass jetzt die Staatsanwaltschaften und die Gerichte in dieser Sache tätig werden. Erste Verfahren im Zusammenhang mit dem Dividendenstripping stehen jetzt vor dem Landgericht in Wiesbaden an. Es gibt eine Anklage der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt wegen Steuerhinterziehung in besonders schwerem Fall. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt. Die Kölner Staatsanwaltschaft bereitet Klagen im wohl größten Steuerermittlungsverfahren der letzten Jahre vor. Die Ermittlungen laufen gegen über 100 Beteiligte. Sie laufen seit Jahren auf Hochtouren. Wir haben überall auf der Welt Staatsanwaltschaften, die Büros und Wohnungen durchsuchen, und das ist auch gut so. Die Profiteure der Cum/Ex-Deals werden zur Rechenschaft gezogen; davon bin ich überzeugt. Es wird fällige Steuernachzahlungen geben, und das Ganze wird auch strafrechtliche Konsequenzen haben.
Ich habe in diesem Zusammenhang eine Bitte an Teile der Opposition: Es ist völlig okay, dass Sie die Regierung kritisieren, dass Sie die Arbeit der Regierung hinterfragen, aber wir sollten aufhören, der Bundesregierung und den Finanzministern – denen der Vergangenheit, aber auch dem aktuellen – immer wieder zu unterstellen, man hätte hier bewusst weggesehen. Jeder Bundesfinanzminister hat doch ein Interesse daran, möglichst viel Steuereinnahmen zu haben, möglichst wenig Steuern zu verlieren, schon gar nicht über Betrug und über unerwünschte Steuergestaltungsmodelle. Und wenn illegales Handeln erkennbar war, dann haben wir doch reagiert. Wir haben auf neue Erkenntnisse immer unmittelbar reagiert. Ich weiß noch: Bei den Goldfingermodellen, bei den Cash-GmbHs und bei vielen anderen Gestaltungsmodellen hat der Gesetzgeber jeweils sofort reagiert und diese Modelle gestoppt bzw. schnellstmöglich abgestellt. (Beifall bei der CDU/CSU)
Wir sollten deshalb nicht den Vorwurf im Raum stehen lassen, dass der Fiskus nicht mit dem notwendigen Elan gegen Steuerbetrug vorgehen würde. Wenn man hört, was manche sagen, dann kann man heraushören, dass ein heimliches Interesse an der Nichtverfolgung dieser Taten vorgegeben wird. Das ist völlig absurd. Als ob jemand in der Bundesregierung, beim BMF oder in der Verwaltung Interesse daran hätte, solche Missetaten abzudecken! Das gibt es nicht. Das ist absurd. Das ist unseriös. Mit diesen Behauptungen und Unterstellungen diskreditieren Sie letztendlich die Politik insgesamt, und Sie schaden sich damit auch selbst; denn Sie sind Teil dieser Politik. (Beifall bei der CDU/CSU)
Der Gesetzgeber hat in Deutschland bei Cum/Ex und auch bei Cum/Cum – beides ist zu unterscheiden – jeweils reagiert. Wir haben konkrete Maßnahmen ergriffen. Andere Staaten haben das nicht getan. Andere Staaten sind hier in eine Falle gelaufen, die sie sich letztendlich selbst gestellt haben, und das, obwohl sie wussten, dass wir in Deutschland in diesem Bereich Gegenmaßnahmen getroffen haben. Die anderen Staaten waren jeweils im Bilde oder hätten zumindest im Bilde sein können. Wir haben mit vielen Doppelbesteuerungsabkommen. Die schauen sich genau an, was wir in der Gesetzgebung machen, und die wussten, was wir tun und warum wir es tun. Man muss ehrlich sein: Die anderen haben nichts gemacht. Dieses Kenntnisdefizit beklagen sie jetzt. In Wirklichkeit versuchen sie, damit ein eigenes Handlungsdefizit zu übertünchen . (Beifall des Abg . Sepp Müller [CDU/CSU])
Aber blicken wir in die Zukunft . Lassen wir die Gerichte und Staatsanwaltschaften die Vergangenheit aufarbeiten . Es ist eine dauerhafte Aufgabe, aggressive Steuergestaltung zu vermeiden. Es ist eine grenzüberschreitende Aufgabe; das ist überhaupt keine Frage. Das kann nur funktionieren, wenn wir in Europa noch stärker, noch enger zusammenarbeiten, wenn wir den Informationsaustausch forcieren und wenn nicht jeder Mitgliedstaat sein eigenes steuerpolitisches Süppchen kocht. Es geht nicht darum, dass wir nationale Steuerhoheit abschaffen, es geht nicht darum, dass wir Steuergesetzgebung vereinheitlichen, sondern darum, dass die Zusammenarbeit mit unseren europäischen Partnern für mehr Steuergerechtigkeit sorgen wird. Ich glaube, das wird Europa stärken.
Mit mehr Steuergerechtigkeit im internationalen Bereich können wir auch wieder das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland und in Europa zurückgewinnen . Vielen Dank . (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg . Cansel Kiziltepe [SPD]
Quellennachweis:
Grafik entnommen dem Video des Deutschen Bundestages (Mediathek).
Link zum Video: https://dbtg.tv/fvid/7289041
Text entnommen dem Plenarprotokoll des Deutschen Bundestages.
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