Rede zu "Einführung eines Kinderweihnachtsgelds"

Am Donnerstag, 13. Dezember 2018 hielt der Bundestagsabgeordnete des Wahkreises Bruchsal-Schwetzingen, Olav Gutting, für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion folgende Rede im Deutschen Bundestag (Klick auf die Grafik leitet zum Video in der Mediathek des Deutschen Bundestages weiter):

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"Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Besucherinnen und Besucher des Hohen Hauses! Pünktlich zu den Festtagen haben wir heute diesen Antrag der Fraktion Die Linke zur Einführung eines Kinderweihnachtsgeldes auf der Tagesordnung. Zugleich - und das ist fast noch interessanter - soll der Bundestag feststellen, dass Weihnachten „für viele Menschen die wichtigste Familienfeier“ ist und „die Möglichkeit, Weihnachten zu feiern, elementar zur gesellschaftlichen Teilhabe gehört“. Das nenne ich mal gute Symbolpolitik zum richtigen Zeitpunkt. Mir war bisher jedenfalls nicht bewusst, dass sich Die Linke so intensiv um christliche Feiertage bemüht und dass sie die Bedeutung von Weihnachten als christlichem Feiertag in den Fokus stellt.

Bei den endlosen Diskussionen der letzten Monate hier in Berlin von Rot-Rot-Grün über die zusätzliche Einführung eines Feiertages war die Linke jedenfalls nicht dadurch aufgefallen, dass sie sich zum Beispiel für den christlichen Reformationstag ausgesprochen hätte. Aber ich nehme zur Kenntnis, dass Ihnen das christliche Weihnachtsfest wichtig ist, und ich will sagen: Das freut mich. Vor etwa drei Jahrzehnten haben nämlich noch viele aus Ihren Reihen über das Weihnachtsfest schmunzelnd als Jahresendfeier gesprochen und es so verspottet. Das hat sich offensichtlich geändert. Das nehme ich erfreut zur Kenntnis.

Aber lassen Sie uns sachlich argumentieren. Sie wissen, dass die Entkoppelung des geforderten Kinderweihnachtsgeldes vom Kinderfreibetrag der steuerlichen Systematik komplett widerspricht. Unser Steuerrecht fordert eine steuerliche Freistellung des Existenzminimums. Was die Große Koalition im Rahmen des Familienentlastungsgesetzes hier umgesetzt hat, ist mehr als ausreichend. Ihr Vorschlag würde zu einer maximalen Erhöhung des Kindergeldes um circa 100 Euro pro Jahr führen; das haben wir hier schon gehört. Durch das von uns gerade beschlossene Familienentlastungsgesetz wird das Kindergeld in der Endstufe aber um 300 Euro pro Kind erhöht werden.

Ihr Vorschlag hinkt, wie wir hier sehen, unserer Gesetzgebung erstaunlich hinterher. Was Sie fordern, ist systemwidrig. Das Kindergeld wird mit dem Kinderfreibetrag abgeglichen und verrechnet. In Ihrem Antrag schreiben Sie, der Kinderfreibetrag solle im Zuge der Zahlungen nicht angehoben werden, darüber hinaus solle Ihr Kinderweihnachtsgeld nicht auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch und auf den Unterhalt angerechnet werden. Auch das ist systemwidrig. Ich weiß, dass Sie es als Ungerechtigkeit betrachten, dass Kindergeld auf Hartz IV angerechnet wird, aber das ist systematisch völlig korrekt. In diesem Zusammenhang wird immer wieder behauptet, dass uns die Kinder von Hartz-IV-Familien weniger wert wären als andere. Aber genau das Gegenteil ist doch der Fall; denn gerade die Kinder aus Hartz-IV-Familien sind uns fiskalisch am teuersten und wichtigsten. Sie bekommen am meisten vom Fiskus. Was Sie dagegen machen, ist: Sie werfen alles in einen Topf, rühren kräftig um, versuchen, von oben nach unten zu verteilen, ohne sich über die Kosten überhaupt Gedanken zu machen.

In Ihrem Antrag - wir haben es schon gehört - findet sich nichts über die haushälterischen Auswirkungen, nichts über die Kosten. Es ist hier auch nicht zu erkennen, warum wir zum Beispiel Leistungen für Kinder von Geflüchteten und Asylbewerbern nach Ihrem Vorschlag über das Hilfskonstrukt Einkommensteuergesetz erbringen sollen. Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun. Dies hat im Einkommensteuerrecht überhaupt nicht zu suchen. Hier besteht überhaupt kein Anknüpfungspunkt. Deswegen ist auch das abzulehnen.

Wenn dieses Kinderweihnachtsgeld, das Sie hier vorschlagen, wenigstens dazu beitrüge, Kinderarmut zu bekämpfen. Aber auch das ist nicht der Fall. Selbst der Kinderschutzbund - wir haben es vorhin schon gehört - sieht darin gerade keinen Beitrag zur Bekämpfung der Armut von Kindern. Es ist schlichtweg der falsche Ansatz. Wichtiger als den Weihnachtskonsum zu fördern, ist nämlich die Verbesserung der Bildungschancen, gerade für Kinder aus finanziell schwachen Familien. Dazu diskutieren wir in der Großen Koalition derzeit den Entwurf eines Gesetzes zur zielgenauen Stärkung von Familien und ihren Kindern durch die Neugestaltung des Kinderzuschlages und die Verbesserung der Leistungen für Bildung und Teilhabe. Mit diesem Starke-Familien-Gesetz wird gerade die Gruppe, über die wir hier sprechen, deutlich höhere Unterstützung bekommen als das, was Sie hier vorschlagen. Das ist sachlich und fachlich missraten. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Kinderarmut und fehlende Teilhabemöglichkeiten - das will ich hier noch mal betonen - sind wichtige Themen. Das sind Herzensthemen, auch bei uns in der Union. Uns allen hier ist doch daran gelegen, dass wir Kinderarmut bekämpfen, aber mit den richtigen Ansätzen bekämpfen, jedenfalls nicht so, wie Sie das hier vorschlagen.

Ihr Antrag ist rein populistischer Natur. In der Regel fordern Sie immer Freibier für alle. Heute variieren Sie und sagen: Weihnachtspunsch für alle. Aber was Sie machen, ist, planlos umzuverteilen. Sie wollen vor Weihnachten noch mal für gute Stimmung sorgen. Es interessiert Sie dabei nicht die Bohne, ob unsere Rechtssystematik durch die von Ihnen vorgeschlagene Entkoppelung des Kindergeldes vom Kinderfreibetrag zu Schaden kommt. Um das zu verhindern, muss dem ein Riegel vorgeschoben werden. Das genau tun wir heute mit der Ablehnung Ihres Antrags.

Linktipp: Plenarprotokoll vom 13. Dezember 2018