Rede zum Solidaritätszuschlag
Am Donnerstag, 13. Dezember 2018 hielt der Bundestagsabgeordnete des Wahkreises Bruchsal-Schwetzingen, Olav Gutting, für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion folgende Rede im Deutschen Bundestag (Klick auf die Grafik leitet zum Video in der Mediathek des Deutschen Bundestages weiter):
"Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen und Zuschauer auf den Tribünen hier! Zum vierten Mal in diesem Jahr diskutieren wir über Anträge von AfD und FDP zum Soli. Ein wenig kommt man sich vor wie in einer Zeitschleife. Ich habe Ihnen ja schon in der letzten Rede zu diesem Thema zugestanden, dass es Ihr gutes Recht in der Opposition ist, zu versuchen, die Regierung zu ärgern. Sie wissen ja nur zu gut, dass die Fraktion der CDU/CSU sich festgelegt hat, die Erhebung des Solis schnellstmöglich zu beenden, und zwar für alle.
Am letzten Wochenende - wir haben es eben gehört - hat der CDU-Bundesparteitag in Hamburg folgenden Beschluss gefasst: Die CDU Deutschlands will den Solidaritätszuschlag bis 2021 vollständig abschaffen. Dabei halten wir am Ziel eines ausgeglichenen Haushalts … fest. Klarer kann eine Position nicht sein. Dieser Beschluss, den wir dort gefasst haben, ist richtig.
Der Solidaritätszuschlag wurde vor über 20 Jahren zunächst als unbefristete Ergänzungsabgabe auf die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer eingeführt. Die Befristung, die er in sich trägt, kommt aus seiner Begründung; denn der Beitrag diente zur Vollendung der deutschen Einheit. Und hier haben wir in den letzten 27 Jahren Erstaunliches geleistet. Das muss man an dieser Stelle auch mal sagen.
Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der neuen Länder hat sich in dieser Zeit mehr als verdoppelt. Das verfügbare Einkommen je Einwohner hat sich um das Zweieinhalbfache erhöht. Die Arbeitsmarktlage ist entspannt. Es kommen große Erfolge bei der Erneuerung und der Erweiterung der Infrastruktur, des Wohnungsmarktes und im Städtebau hinzu. Und wir haben auch eine tolle Verbesserung der Umweltsituation. Deshalb halten wir fest: Der Solidaritätszuschlag war wichtig; aber er hat auch sein Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten. Es ist eine steuerpolitisch logische Konsequenz, dass wir nach dem Auslaufen des Solidarpaktes II eben auch den Abbau des Solidaritätszuschlags angehen.
Es geht hierbei gar nicht so sehr um Steuersenkungen, sondern das ist eine Frage der politischen Glaubwürdigkeit. Wie Sie wissen, wurde im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vereinbart, dass wir den Ausstieg aus dem Solidaritätszuschlag in Schritten vollziehen wollen, wobei wir im ersten Schritt bereits 90 Prozent derjenigen, die heute den Solidaritätszuschlag zahlen, zukünftig von dieser Zahlung befreien werden. 90 Prozent werden dann keinen Solidaritätszuschlag mehr zahlen. Ich glaube, das ist schon mal nicht schlecht. Aber wir in der Union wünschen uns mehr. Wir möchten den Abbau des Solidaritätszuschlags für alle. Insbesondere wollen wir ihn nicht nur für die Einkommensteuerzahler, sondern auch für die Körperschaftsteuerzahler, also für die kleine Handwerks-GmbH, die beim aktuellen Vorhaben völlig durchs Raster fällt. Darüber sprechen wir mit unserem Koalitionspartner.
Aber eines ist klar: Wir haben einen Koalitionsvertrag, und an diesen Koalitionsvertrag halten wir uns. Da der eine oder andere in der Opposition das mit dem Koalitionsvertrag vielleicht noch nicht so ganz verstanden hat, möchte ich die beiden antragstellenden Fraktionen daran erinnern, was ein Vertrag per Definition ist: Ein Vertrag ist die rechtsgültige Abmachung zwischen zwei oder mehreren Parteien. Dieser Vertrag, den wir geschlossen haben, könnte heute anders aussehen. Wenn Sie von der FDP sich vor einem Jahr nicht davongestohlen hätten, hätten wir heute einen anderen Koalitionsvertrag. Aber: Verträge, die geschlossen sind, sind einzuhalten, und daran halten wir uns in der Union.
Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, ob es der FDP wirklich politisch nützt, wenn sie hier immer wieder lautstark indirekt die Union zum Vertragsbruch auffordert. Ich glaube, die Wählerinnen und Wähler verstehen ganz gut den Unterschied zwischen der Position einer Partei, der klaren Position der Union und der Notwendigkeit des Kompromisses in einer Regierungskoalition.
Verlässlichkeit, meine Damen und Herren, ist ein Wert an sich in der Politik. Deswegen ist für uns klar, dass wir weiter Gespräche führen, dass wir weiterverhandeln, jedenfalls nicht diese Verlässlichkeit infrage stellen, dass wir unsere Verlässlichkeit nicht wie Sie vor einem Jahr beschädigen, sondern klar vertragstreu bleiben. Unsere Position, die Position der Union ist klar: Wir wollen den vollständigen Abbau des Solidaritätszuschlags bis 2021 für alle. Wir wollen den Koalitionspartner überzeugen. Daran arbeiten wir unermüdlich weiter. Aber wir werden heute und auch in Zukunft keine Koalitionsverträge brechen, schon gar nicht in der Adventszeit.
Ich will diesen Moment nutzen - weil das meine letzte Rede hier in diesem Jahr sein wird -, um allen jetzt schon ein gesegnetes und friedliches Weihnachtsfest zu wünschen.
Linktipp: Plenarprotokoll vom 13. Dezember 2018