Deutscher Einsatz im „bewaffneten Konflikt“

Neubewertung des Konflikts und neues Mandat für den Einsatz als wichtiges politisches Signal / Olav Gutting MdB informiert aktuell aus dem Parlament

Berlin. In dieser Woche hat der Deutsche Bundestag mehrheitlich für den Antrag der Bundesregierung auf „Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF)“ gestimmt. Nachdem Bundestagspräsident Norbert Lammert, in einer bis dahin ernst und sachlich geführten Debatte, einige Mitglieder der Linksfraktion, die sich im Plenarsaal an einer geschäftsordnungswidrigen Protestaktion beteiligten, des Saales verwies, verließ die Linksfraktion geschlossen den Raum und beteiligte sich fortan nicht mehr an dieser für die Bundesrepublik Deutschland und für die sich im Einsatz befindenden Soldatinnen und Soldaten bedeutenden Debatte im Deutschen Bundestag. Sein Vorgehen sei "alternativlos", sagte der Bundestagspräsident unter Hinweis auf einen Beschluss des Ältestenrates. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion unterstützte Lammert in seinem Vorgehen und verurteilte das Verhalten der Linksfraktion scharf, da es der Verantwortung den Soldatinnen und Soldaten einer Parlamentsarmee gegenüber nicht gerecht werde. Dennoch ermöglichte der Bundestagspräsident mit Zustimmung der übrigen Fraktionen es den ausgeschlossenen Abgeordneten, sich wenigstens an der Abstimmung zum Antrag der Bundesregierung zu beteiligen. Mit einer großen Mehrheit von 429 Ja-Stimmen der Koalitionsfraktionen und einer Mehrheit der SPD-Abgeordneten wurde der Antrag der Bundesregierung schließlich bei 111 Gegenstimmen und 46 Enthaltungen in namentlicher Abstimmung angenommen. Das Mandat sieht eine Anhebung der Personalobergrenze um 850 auf 5.350 Soldatinnen und Soldaten vor. Von diesen sind 350 Soldatinnen und Soldaten als flexible Reserve vorgesehen, insbesondere um auf besondere Situationen, zum Beispiel bei der Absicherung der Parlamentswahlen, angemessen reagieren zu können.

Mit dem neuen Mandat, das bis zum 28. Februar 2011 gilt, wird Deutschland seine Anstrengungen für den Aufbau und die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte nachhaltig erhöhen und den Schwerpunkt seines militärischen Engagements künftig noch stärker auf den Schutz der afghanischen Bevölkerung und die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte legen. Diese Schwerpunktverschiebung wird zu einem wesentlichen Teil durch Neuausrichtung und Umstrukturierung innerhalb des gegenwärtigen Mandatsrahmens vorgenommen werden.

In der letzten Sitzungswoche hat Bundesaußenminister Westerwelle in einer Regierungserklärung noch einmal die Ziele und Schwerpunktsetzung des deutschen Engagements in Afghanistan erläutert (Berlin aktuell Nr. 3). Dabei hat er deutlich gemacht, dass die Intensität der mit Waffengewalt ausgetragenen Auseinandersetzung mit Aufständischen und deren militärischen Organisationen die Bundesregierung zu der Bewertung führt, die Einsatzsituation von ISAF auch im Norden Afghanistans, also auch im Einsatzgebiet der Bundeswehr, als „bewaffneten Konflikt im Sinne des humanitären Völkerrechts“ zu qualifizieren. Demnach trägt die afghanische Regierung mit Unterstützung von ISAF einen bewaffneten Konflikt mit Aufständischen (Taliban) aus.

Diese Einstufung als „bewaffneter Konflikt“ ist ein wichtiges politisches Signal und dient zugleich unseren Soldatinnen und Soldaten im Einsatz zur Orientierung. Für die Bundesregierung sind für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan damit die Regeln des humanitären Völkerrechts maßgebend – und nicht das deutsche Strafrecht. Aus der Neubewertung der Lage in Afghanistan ergibt sich keine Veränderung der Einsatzgrundlagen der deutschen Polizisten von Bund und Ländern. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt diese Positionierung der Bundesregierung. Auch für die politische Auseinandersetzung in den kommenden Wochen wird es wichtig sein, die Realitäten in Afghanistan klar zu benennen und unser strategisches Ziel einer „Übergabe in Verantwortung“ und damit einer realistischen Abzugsperspektive deutlich zu machen.