Rede von Olav Gutting MdB am 23. März 2012 im Deutschen Bundestag

Nein zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer / Antrag der Fraktion Die Linke

Am heutigen Freitag, 23. März 2012, sprach der Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Bruchsal-Schwetzingen, Olav Gutting, im Deutschen Bundestag zu dem Antrag der Fraktion Die Linke, die Vermögensteuer wieder einzuführen. Folgend finden interessierte Leserinnen und Leser das Redemanuskript (es gilt das gesprochene Wort):

Die Fraktion die Linke fordert mit diesem Antrag wiederholt – zuletzt Ende 2010 – die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Und wir werden diesen Antrag auch dieses Mal wieder ablehnen. Er war 2010 falsch und er ist es heute immer noch. Eine Steuererhöhungsmaßnahme mit angeblichen Einnahmen von mindestens 80 Mrd. EUR zerschlägt Leistungsanreize und schädigt unsere gesamte Volkswirtschaft. Mit der von Ihnen geforderten Substanzbesteuerung – denn nichts anderes ist Ihre Vermögensteuer – werden Investitionen zurückgehen, Kapitalflucht einsetzen, das Wachstum zerstört und viele Arbeitsplätze vernichtet werden. Das ist für uns kein gangbarer Weg.

Es geht Ihnen doch auch gar nicht wirklich um die Lösung der immensen Staatsverschuldung, denn Sie planen ja an anderer Stelle mit zusätzlichen Ausgaben, die selbst die von Ihnen prognostizierten Einnahmen Ihrer Millionärssteuer noch weit übertreffen. Ihnen geht es hier um enteignen und umverteilen! Staatsfinanzen nachhaltig konsolidieren funktioniert anders. Hierzu braucht man eine gesunde starke Wirtschaft und eine hohe Beschäftigungsquote. Dazu muss man dem Steuerzahler soviel belassen, dass sich Leistung lohnt – deshalb zum Beispiel auch unser Vorschlag zum Abbau der kalten Progression.

Die Steuereinnahmen sind alleine von 2010 auf 2011 dank guter Rahmenbedingungen um über 40 Mrd. EUR gestiegen. Die Nettoverschuldung konnte im selben Zeitraum erheblich gesenkt werden. Läuft die Konjunktur weiter so gut – und dafür arbeiten wir – ist es machbar, dass wir schon ab 2014 überhaupt keine Neuverschuldung mehr haben. Und 2013 werden wir voraussichtlich die Schallmauer von 600 Milliarden Steuereinnahmen deutlich durchbrechen.

Hier zeigt sich: Vernünftige wirtschaftliche und steuerliche Rahmenbedingungen fördern Konsum und Investitionen und damit die Steuereinnahmen. Es ist ein steuerliches Naturgesetz, dass eine zu hohe Steuerlast letztendlich dazu führt, dass weniger Steuern eingenommen werden. Großbritannien hat das gerade auch wieder erkannt und senkt den Spitzensteuersatz, weil man festgestellt hat, dass die Erhöhung so gut wie nichts zur Haushaltskonsolidierung beiträgt und statt dessen Investoren abschreckt.

Nur für Sie von den Linken ist bezüglich dieser Regel die Erde immer noch eine Scheibe. Ihr Antrag zehrt die betroffenen Steuerzahler schon mittelfristig aus. Sie geben ja zu, dass es eine ganz gezielte Bestandsbesteuerung ist. Sie wollen mit dieser Steuer bewusst enteignen. Sie sagen dann so lapidar: Wo ist das Problem? Es bleibt denen doch eine Million. Und wenn man den Millionären eine Million belässt, dann werden sie dadurch nicht arm. Das ist richtig, aber diese Menschen werden dann ziemlich bald weg sein und unser Land wird dann ziemlich schnell ärmer sein.

Schauen wir uns Ihren Vorschlag mal genauer an: Jährlich eine 5-prozentige Besteuerung des gesamten Geld-, Immobilien- und Sachvermögens von über einer Million. Da diese Steuer unabhängig von einem bestimmten Ertrag gezahlt werden soll, fällt diese auch an, wenn der Steuerzahler mit seinem Kapital Verluste macht. Die durchschnittliche Rendite beispielsweise bei Immobilien liegt deutlich unter 5 Prozent. Die Rendite bei Bundesschatzbriefen liegt bei 1 Prozent, bei gewöhnlichen Finanzprodukten wie Festgeld oder Tagesgeld liegt diese derzeit deutlich unter 3 Prozent. Nach Zahlung sämtlicher Ertragssteuern auf die Renditen und der Geldentwertung durch Inflation soll dann noch das gesamte den Freibetrag übersteigende Vermögen – nicht nur der daraus erwirtschaftete Gewinn – mit 5 Prozent besteuert werden. Wer soll in Deutschland beispielsweise noch in Immobilien und bezahlbaren Wohnraum investieren, wenn aufgrund der Steuerbelastung ein jährlicher Verlust vorprogrammiert ist? Gerade Mietimmobilien für sozial Schwache werden wegen fehlenden Investitionen verkommen oder durch notwendige gravierende Mieterhöhungen unbezahlbar!

Dabei müssten doch gerade Sie von der ehemaligen PDS aus den Erfahrungen des real existierenden Sozialismus wissen, was mit Wohnraum passiert, in den nicht mehr investiert wird. Er verkommt und verknappt. Lassen wir die Finger von der Wiedereinführung der Vermögensteuer! Nicht ohne Grund gibt es die Vermögensteuer in den EU-15-Staaten ab 2013 nur noch in Frankreich.

Gegen die Vermögensteuer sprechen aber auch noch andere wichtige Argumente: Die Verwaltungskosten für diese Steuer beliefen sich bereits in den letzten Jahren ihrer Erhebung auf etwa ein Drittel der Einnahmen und betrugen damals schon das Fünffache der Erhebungskosten für die Lohnsteuer und etwa das Sechsfache der Kosten bei der Körperschaftsteuer. Daran wird auch das neue Bewertungsgesetz, welches im Rahmen der Neuregelung der Erbschaftssteuer verabschiedet wurde, nichts ändern.

Schließlich erfordert eine verfassungsgemäße Vermögensteuer eine kontinuierliche und gegenwartsnahe Bewertung von Vermögen, welche den jährlichen Bürokratieaufwand nach oben treibt und damit zu weiteren unverhältnismäßigen Kosten führt. Eine Mammutaufgabe für öffentliche Verwaltung, Finanzämter und Gerichte. Wie wollen Sie im Übrigen eine verfassungsfeste Trennung zwischen Privatvermögen und Betriebsvermögen hinbekommen? Steuergestaltungen und Steuerflucht ins Ausland sind vorprogrammiert. Ihre Vermögenssteuer schädigt die Volkswirtschaft, ist Investitionsfeindlich, bürokratisch und teuer, unsozial gegenüber Mietern, führt zu Steuerflucht und Arbeitslosigkeit und wird mittel- und langfristig beim Staatshaushalt zu wegbrechenden Steuereinnahmen führen.

Man kann daher nicht anders machen, als diesen Antrag wieder und wieder abzulehnen.