Interview mit der Tageszeitung "Die Rheinpfalz"

Folgendes Interview gab der Bundestagsabgeordnete Olav Gutting aktuell der Tageszeitung "Die Rheinpfalz" zu der Thematik "Steuerliche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften":

Foto Olav Gutting MdB / Foto: BusseRP: "Es ist noch keine zwei Monate her, dass die Union gegen die Gleichstellung der Homo-Ehe im Bundestag stimmte. Was hat Sie zu dieser Kehrtwende bewogen?"

Gutting: "Es geht ja nicht um die generelle Gleichstellung zwischen Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft, sondern um einen Teilaspekt, die steuerliche Gleichstellung. Die damaligen Anträge der Opposition umfassten zum Beispiel das Adoptionsrecht. Da sehe ich schon ein Problem. Für ein Adoptionsrecht von gleichgeschlechtlichen Paaren bin ich nicht, sondern für die konsequente Gleichstellung im Steuerrecht, die auf der anderen Seite, bei den Pflichten wie zum Beispiel im Bereich des Unterhalts bereits existiert."

RP: "In der Initiative der 13 CDU-Abgeordneten wird auf die Forderung nach einem Adoptionsrecht verzichtet, um damit die Besonderheit der Ehe zu unterstreichen. Kommen Sie damit skeptischen Kollegen entgegen?"

Gutting: "Die Ehe hat ihre bleibende Bedeutung als Grundlage der Familie mit Kindern. Damit ist die Ehe etwas anderes als die gleichgeschlechtliche eingetragene Lebensgemeinschaft. Nichtsdestotrotz erkenne ich an, dass wir im Bereich der Verpflichtungen eine Gelichstellung haben: Unterhalt oder Versorgungsausgleich bei der Trennung sind in beiden Formen die gleichen. Da ist es steuerrechtlich konsequent, wenn wir die Gleichstellung nicht nur bei den Pflichten, sondern auch bei den Privilegien vornehmen.

RP: "Fordern Sie nicht etwas, das ohnehin im Koalitionsvertrag steht? Dort wird angekündigt, gleichheitswidrige Benachteiligungen abzubauen."

Gutting: "Ja das steht so im Programm. Aber es ist auch kein Geheimnis, dass es in unserer Fraktion Vorbehalte gibt und wir mit unserem Koalitionspartner FDP `rege´ Diskussionen führen. Die Liberalen treten dafür schon länger ein, und wir sollten auch vor dem Hintergrund des jüngsten Urteils des Verfassungsgerichts handeln. Nicht wegen des Urteils allein, sondern wegen der bereits genannten Gründe."

RP: "13 von 237 CDU-Abgeordneten machen jetzt diesen Vorstoß. Warum sind es nicht mehr geworden?"

Gutting: "Das weiß ich nicht. Ich bin von den Initiatoren als zuständiger Berichterstatter in der Arbeitsgruppe Finanzen gefragt worden. Wie viele noch gefragt wurden, ist mir nicht bekannt."

RP: "Familienministerin Schröder sagte, in lesbischen und schwulen Lebenspartnerschaften übernähmen die Partner dauerhaft Verantwortung miteinander und lebten damit „konservative Werte“. Ist das ein Argument für Steuererleichterungen?"

Gutting: "Nein, das allein ist kein Argument für Steuererleichterungen. Es geht uns darum, verfassungskonformes Steuerrecht zu schaffen. Bei der Einkommensteuer haben wir Korrekturbedarf. Ich könnte mir auch vorstellen, das Ehegattensplitting in ein Familiensplitting auszubauen, aber das ist noch Zukunftsmusik."

RP: "Die OECD lehnt das Splitting ausdrücklich ab, weil es einen der Partner von der Beteiligung am Erwerbsleben abhält und Mini-Jobs, Teilzeitarbeit oder geringfügige Beschäftigung attraktiver macht. Wie ernst nehmen Sie dieses Argument?"

Gutting: "Tja, die OECD…Die macht immer schlaue Bemerkungen. Ich sage: Das Ehegattensplitting hat seit Gründung der Bundesrepublik Gültigkeit und es hat eine gute Wirkung entfaltet. Es ist nicht sinnvoll, dieses Instrument abzuschaffen."

RP: "Was raten Sie Ihren Fraktionskollegen?"

Gutting: "Entweder wir machen diese Korrektur jetzt auf eigene Rechnung oder das Bundesverfassungsgericht stellt uns nächstes Jahr vor vollendete Tatsachen. Ich bin für das Primat der Politik."

Quelle / Copyright: Die Rheinpfalz / Winfried Folz