Rede im Plenum zum Jahressteuergesetz 2022

Rede von Olav Gutting MdB am 14. Oktober 2022 im Plenum des Deutschen Bundestages

Olav Gutting (CDU/CSU): "Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herzerwärmend! Was gibt es Schöneres, als an seinem Geburtstag hier in diesem Hohen Haus zu einem wichtigen Gesetz zu sprechen? Aber das Jahressteuergesetz ist wie der Geburtstag: Es kommt regelmäßig. Ich habe mittlerweile schon viele Jahressteuergesetze gesehen und darf hier heute sagen: Der Entwurf für das Jahr 2022 ist tatsächlich nicht der schlechteste. Da ist einiges an Entlastungen für die Steuerzahler drin; wir haben es vorhin schon gehört: Erhöhung des Sparerfreibetrags, Erhöhung der Homeoffice-Pauschale, Erhöhung des Ausbildungsfreibetrags. Das entspricht ja auch Vorschlägen, die wir in der letzten Legislaturperiode immer wieder gemacht haben, aber leider mit einem Finanzminister Olaf Scholz nicht durchsetzen konnten. Deswegen an dieser Stelle erst mal ein ehrliches Lob an Christian Lindner; Florian, du kannst es ihm ausrichten. Das ist ehrlich gemeint. Da sind gute Sachen drin.

Aber wir wären natürlich eine schlechte Opposition, hätten wir nicht auch Kritik und eigene Verbesserungsvorschläge. Ich muss sagen, das Eigenlob, das hier einige der Koalitionsredner abgefeiert haben, ist schon stark übertrieben. Es ist gut, dass sich der Abschreibungssatz für Gebäude im nächsten Jahr von 2 auf 3 Prozent erhöhen soll. Diese Forderung hatten wir von der Union auch schon lange gestellt, konnten sie in den letzten acht Jahren gegenüber dem Koalitionspartner aber nie durchsetzen. Aber es ist unverständlich, warum wir jetzt die Möglichkeit des Nachweises einer kürzeren Abschreibungsdauer hier streichen sollen; denn das - Antje Tillmann hat es vorhin schon gesagt - ist keine Erleichterung, das bedeutet keine Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger, sondern es bedeutet, dass Sie gerade dort, wo die Sanierung jetzt so wichtig wäre, im Altbestand, wo wir die CO2-Treiber haben, die energetische Sanierung erschweren, es für Investoren schwieriger machen, dort vernünftig die Sanierung anzugehen. Da sollten Sie wirklich noch mal nachdenken, ob diese Streichung in dieser Situation Sinn macht.

Zweiter Punkt: Riester. Es wurde vorhin schon angesprochen: Sie vertun auch hier eine Chance bei diesem Jahressteuergesetz. Die lange Niedrigzinsphase in der Kombination mit der Absenkung des Höchstrechnungszinssatzes zum 1. Januar dieses Jahres bedeutet im Prinzip das faktische Aus für viele geförderte Verträge mit 100-prozentiger Beitragsgarantie. Kein Anbieter hat in diesem Jahr entsprechende Produkte angeboten, und viele Altverträge werden nicht mehr bedient. Hier entsteht sehenden Auges tatsächlich eine Versorgungslücke bei der geförderten Altersversorgung bei Geringverdienern und bei Familien. Die Lösung wäre einfach. Wir könnten die Bruttobeitragsgarantie von 100 Prozent zum Beispiel auf 80 Prozent absenken. Mit dieser Absenkung gäbe es sowohl im Neu- wie auch im Bestandsgeschäft wieder mehr Möglichkeiten zur Investition. Es kann ein renditeträchtiges Produkt bei gleichzeitiger Risikoabsicherung entwickelt werden. Aber die 100-prozentige Beitragsgarantie ist tatsächlich von gestern.

Der dritte Punkt, den wir von der Union an dieser Stelle anzumerken haben, ist, dass die Einführung eines neuen Umsatzsteuersatzes von null bei der Lieferung von Solarmodulen an private Photovoltaikbetreiber - wie soll ich es sagen? - ordnungspolitisch schon etwas bizarr ist. Aber es ist richtig, es ist eine gute Möglichkeit zur Entbürokratisierung für die Bürger. Aber auch hier muss die Ampel noch mal nachbessern. Sie haben die Klarstellung vergessen, dass es auch beim Mieten, bei Mietkauf, bei Ratenkauf von Solaranlagen hier zu einer Anwendung des Nullsteuersatzes kommen muss. Da müssen Sie noch mal nachbessern. Wenn man das anpackt, dann sollte man tatsächlich auch die Solarthermieanlagen in diese Regelung miteinbeziehen; denn auch diese Anlagen produzieren ja mit Energie aus Sonnenstrom Wärme, und deswegen gehören die auch in den Anwendungsbereich des Nullsteuersatzes. Wir sind die konstruktive Oppositionsfraktion.

Ich glaube, das hat heute noch mal jeder erkennen können. Wir machen konkrete Verbesserungsvorschläge. Auch deswegen natürlich; aber wir sind ja auch sonst immer konstruktiv. - Wir erwarten jetzt mit Spannung die Vorschläge des Bundesrates, über den auch noch einiges aus den Ländern kommen wird. Ich freue mich jedenfalls auf die weiteren Beratungen und auf die Verbesserungen - hoffentlich sind es Verbesserungen - zu diesem Gesetz. In diesem Sinne: Gehen wir‘s an!"